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1. Geschichte des preußischen Vaterlandes - S. 302

1888 - Berlin : Hertz
302 Erste Sorgen nach dein Frieden. lichen Einflüsse des französischen Lebens und Treibens diese Gefahr nur erhöhten, ging jetzt auf ein Mal ein frischer, lebendiger Zug durch die deutscheu Völker. Die Heldeuerscheinnng Friedrich's fesselte und entzückte alle Blicke, alle deutschen Herzen fühlten sich gehoben durch den Ruhm des deutschen Kriegers, durch die Bewunderung, die er und sein Volk überall in ganz Europa einflößte». Ein solches Beispiel wirkte läuternd und anregend für ein gauzes Volk, und wirklich fällt in die Zeit während und gleich nach dem siebenjährigen Kriege der neue kräftige Aufschwung deutschen Nationalbewußtseins und deutscher Geistesbildung, welcher seitdem so reiche und schöne Früchte gebracht hat. 36. Friedrich der Große als Regent. Erste Sorgen nach dem Frieden. Preußen war als der jüngste und der kleinste in die Reihe der Hauptstaaten Europa's eingetreten; sollte es seine ruhmvolle Stellung unter denselben behaupten, so mußten die Kräfte des Landes immer mehr durch eine sorgfältige, weise Verwaltung gehoben und entwickelt werden, durch innere Tüchtigkeit mußte das preußische Volk ersetzen, was dem Staate an äußerem Umsauge fehlt. Dies erkannte Friedrich sehr wohl, und fast zu größerem Ruhme als seine herrlichen Kriegsthaten gereicht ihm die landesväterliche Weisheit, womit er alle Keime der Größe und Wohlfahrt Preußens zu entwickeln bemüht war. Auch hierin brauchte er nur in den Wegen fortzuwaudelu, welche die meisten seiner trefflichen Vorfahren betreten hatten: er that es aber mit der eigenthümlichen Kraft und Geistesgröße, welche ihn zu einem der ausgezeichnetsten Fürsten aller Zeiten machten. Nach dem Schluß des siebenjährigen Krieges fand er einen großen Theil seines Landes schrecklich verheert, Handel und Gewerbe darniedergedrückt, viele einst blühende Gegenden verarmt: um den Bedürfnissen des kostspieligen Krieges zu genügen, hatte er sich in den letzten Jahren genöthigt gesehen, schlechteres Geld prägen zu lassen, eine Maßregel, durch welche immer das Vertrauen und die Sicherheit des gewerblichen Verkehrs gestört wird. So galt es denn, sürerst die allgemeine Zuversicht wieder zu erwecken und auf allen Seiten des öffentlichen Lebens hülfreich einzugreifen. Friedrich war der Mann dazu, die Wunden, welche der Krieg geschlagen hatte, schnell wieder zu heilen und sein Land zu neuer Blüthe zu erheben. Vor Allem wollte er dem Landbau schleunig aufhelfen; es fehlte den Bauern in den verwüsteten Landestheilen an Korn zur Aussaat und an Zugvieh, das Feld zu bestellen. Friedrich schaffte Rath; er hatte in feinen Magazinen noch über 40,000 Scheffel Getreide, die er in der Aussicht auf weiteren Krieg hatte vorräthig halten lassen. Sofort nach dem Friedensschluß ließ er diese Vorräthe an die Landleute vertheilen, damit sie das Getreide zur Aussaat benutzen könnten; zu gleicher Zeit wurden 35,000 Pferde, die für die Armee nicht mehr nöthig schienen, den Bauern zur Bestellung des Ackers gegeben. Auch mit baarem Gelde leistete der fürsorgliche Fürst kräftige Hülfe; mehrere Millionen Thaler wurden auf die einzelnen Provinzen vertheilt, Schlesien allein, welches ant meisten gelitten hatte, erhielt 3 Millionen. In vielen Gegenden wurden die Abgaben für einige Zeit erlassen, damit die

2. Bilder aus dem Weltkrieg - S. 122

1917 - Leipzig [u.a.] : Klinkhardt
122 Kleine Bilder aus großer Zeit. Grütze oder Reis und 160 Kilo Pfeffer. Diese ungeheuren Mengen sollten von unserer Stadt biö Freitag früh um acht Uhr geliefert werden. Unter Drohungen, das Verlangte mit Gewalt einzutreiben, forderten die Russen, daß alles pünktlich abgeliefert werde. Da viele Geschäftsleute ihre Läden abgeschlossen hatten und geflüchtet waren, so mußte die Stadt die Läden, in denen sich Lebensrnittel befanden, gewaltsam öffnen lassen, um die verlangten Vorräte entnehmen 3u können. In der Nacht zum Freitag ist in Alleinstein in allen Bäckereien im Schnellbetrieb gebacken worden. Mehrere Bäcker waren am Sonntag oder Montag geflohen und hatten ihre Bäckereien geschlossen. Diese mußten deshalb auch gewaltsam geöffnet werden. Alle hiesigen Bäcker, viele Bürger, vor allem Frauen und Mädchen, stellten ihre Dienste zur Verfügung, und so wurden Unmengen Brot gebacken. Gleichzeitig liefen Frauen die ganze Nacht hindurch von Haus zu Haus, von Wohnung zu Wohnung und baten überall um Brot. Jeder gab, was er hatte. Der Oberbürgermeister Zülch hatte hier, wie überall, die Leitung persönlich übernommen. Ihm und dem Bürgermeister Schwarz gebührt das Verdienst, durch ihr kluges Verhalten, durch ihren unermüdlichen Eifer wesentlich dazu beigetragen zu haben, daß die vierundzwanzigstündige Russenherrschaft nicht noch unerfreulichere Folgen in Allenstein gehabt hat. Tatsächlich sind den Russen geliefert worden: 25 096 Kilo Brot, 3676 Kilo Zucker, 3110 Kilo Salz, 110 Kilo Tee, 4210 Kilo Reis und Grütze, 450 Kilo Erbsen, kein Pfeffer. Diese große Lieferung sollte von den Russen bar bezahlt werden. Bei dem schnellen Abzug derselben ist die Bezahlung unterblieben. Es wurde jedoch von den siegreichen deutschen Truppen eine russische Kriegskasse eingebracht, deren Inhalt sich auf 180 000 Rubel beziffern soll. Die Bezahlung für die Lieferung wird die Stadt also schon bekommen. Die Russen benahmen sich auch in der Nacht zum Freitag manierlich. Am Freitag früh hatten sie offenbar großen Hunger. In einigen Gastwirtschaften machten sich russische Soldaten über die Weinkeller und Speise- vorräte her. Es geschah das zweifellos gegen den Willen der Offiziere. Trotzdem wuchs die Beunruhigung der Bürgerschaft. Die russische Herrschaft in Allenstein sollte jedoch vor Anbruch der Nacht ihr Ende finden. Wie ein furchtbarer Traum liegen diese letzten Tage hinter uns. „Allenst. Ztg." 5. Aus der Russenzeit in Wehlau. Wie in manchen Städten, so hatten die Russen während der kurzen Zeit ihrer Herrschaft auch in Wehlau einen besonderen Bürgermeister ernannt. Es war das der Buchdruckereibesitzer Scheffler. Der russische Bürgermeister mußte nachstehende Bekanntmachung erlassen: „Wer sn der Stadt Wehlau stiehlt oder plündert, wird sofort mit dem Tode des Erhängens bestraft. Waffen aller Art sind sofort auf dem Bürger-

3. Erzählungen aus der Weltgeschichte - S. 101

1918 - Leipzig : Voigtländer
— 101 — 46. Die Zerstörung Jerusalems. Der verfall des römischen Reiches. 1. Die Zerstörung Jerusalems (70 n. Chr.). Nach Neros Tode kam ein guter Kaiser auf den Thron, De jpafiänus. Der war ein tüchtiger Feldherr gewesen und war bei Neros Tode in einem Kriege gegen die Juden begriffen. Das jüdische Volk hatte sich gegen die harte Herrschaft der Römer empört, und ein mörderischer Kampf war ausgebrochen, ctls nun Defpafianus Kaiser wurde, überliefe er die Fortführung des Krieges seinem Lohne Titus. Dieser erschien mit einem starken Heere in Palästina und belagerte Jerusalem. (Eine Zahllose Menge Volkes aus allen Teilen des Landes, anderthalb tttillion Menschen, hatten sich in dieser Stadt zusammengedrängt. Um so furchtbarer wurde das Elend, das jetzt über sie kam. wütende Parteikämpfe brachen unter den Juden selbst aus, und das Blut von Tausenden wurde durch ihre eignen Brüder vergossen. Bald fehlte es an Lebensrnitteln, denn die Römer hatten alle Zufuhr abgeschnitten. Da entstand eine entsetzliche Hungersnot. Für ein Matz Weizen oder Gerste gab man sein ganzes vermögen hin. Gierig verschluckte der hungrige die rohen Körner sogleich, damit nicht ein anderer sie ihm entreiße. Keine Bande des Blutes und der Freundschaft wurden mehr geachtet. Väter sahen ihre Kinder, Kinder ihre (Eltern verschmachten; ein Bruder erschlug den andern, um ihm einen Bissen Brotes zu nehmen. 3n die Häuser brachen bewaffnete Rotten ein und raubten die letzten Vorräte, wie bleiche Schatten schwankten die hungernden umher, das £eder der Schuhe, der Schilde, der Gürtel verschlingend. Mit dem Hunger wüteten die schlimmsten Seuchen; alle Häuser und Strafeen lagen voller Toten, oder die Leichen wurden über die Stadtmauer ge* Dorfen. (Endlich, nach langen heifeen Kämpfen drangen die Römer in die Stadt ein. Titus wollte den prächtigen Tempel schonen, aber sein Befehl wurde nicht beachtet; die erbitterten römischen Krieger warfen Seuer hinein, und in wenigen Stunden war das Gotteshaus in einen Sichenhausen verwandelt. Unzähiigemenschen fielen durch das Schwert, pudere wurden von den Mauern hinabgestürzt oder fanden ihren Tod ln den Flammen. Endlich ging die ganze Stadt in Feuer auf, und was n°ch an Mauern stehen geblieben war, wurde eingerissen und der (Erde 9leich gemacht (70 n. Chr.). Kein Stein blieb auf dem andern. Mehr Q*S eine Million Juden war in dem entsetzlichen Kampfe umgekommen, Qn hunderttausend wurden gefangen weggeführt. Der jüdische Staat

4. Handbüchlein der Weltgeschichte für Schulen und Familien - S. 211

1877 - Calw : Verl. der Vereinsbuchh.
Ii. Die Zeiten bev Religionskriege. 211 hin und wieder geführt, mit Beilen und Hämmern dermaßen zerprügelt, zerfetzt und verwundet, daß sie vor Blut nicht anders, als wären sie schwarzroth gefärbt, anzusehen gewesen: in Summa, man ist so grausam und erschrecklich mit Jedermann, hohen und niedrigen Standes , umgegangen, daß mäuuiglich größerer Marter zu entgehen, nur um das Todtschießen gebeten." Auch die Schweden verloren bald deu Ruf ihrer Mannszucht; und ihre Plünderungen, freilich oft durch Noth veranlaßt, wurden so gefürchtet, daß mau in der Litanei betete: „Vor Türken und Schweden behüt' uns, lieber Herre Gott." Was war doch ans Deutschland geworden? Niemand bebaute das Feld, aus Mangel an Saatkorn, an Zugvieh und Menschenhänden; die Dörfer standen leer, weil alles sich theils in die Städte flüchtete, theils Soldatendienste nahm, die einzige Hantirung, die noch Unterhalt gewährte. Alle Zufuhr stockte, weil in mancher Stadt kein Pferd zu finden war. Aas und Mäuse wurden Leckerbissen. Viele Leichname fand man auf Misthaufen, wo die Armen noch eine letzte Nahrung gesucht hatten. Im Magdeburgischen soll die Hungersnoth sogar Menschenfresser erzeugt haben. Wenn es zuweilen glückte, eine Fuhre Getreide einzuführen, so wurdeu die Bäckerhäuser dergestalt umdrängt, daß Viele erstickten; und selten konnten vom frischen Brode Alle befriedigt werden. Weil die durchstreifenden Truppen alles Vieh wegnahmen, konnte man^ nirgends den Unrath der Höfe und Straßen hinausschaffen; feine Anhäufung erzeugte so eckelhafte Ausdünstungen, daß Seuchen aller Art die Menschen haufenweise wegrafften. Vielfach wurden die Leichname dutzendweise wie ans dem Schlachtfelde in eine Grube geworfen. General Bauer schrieb von Pommern (1638) dem belagerten Erfurt, er würde schon lange zu Hilfe gekommen sein, wenn nicht zwischen Oder und Elbe Alles so verwüstet wäre, daß da weder Hund noch Katze, geschweige Menschen und Pferde sich aufhalten könnten. Ein Jahr-

5. Vorderasien und Griechenland - S. 27

1874 - Leipzig : Teubner
- 27 — und machte einen Bund mit ihm; er stellte ihm vor, wie sie beide so viel Böses von Astyages erfahren, und regte in ihm den Gedanken an, den Astyages vom Throne zu stoßen. Zu gleicher Zeit reizte er auch die Fürsten der Meder auf und suchte sie zu überreden, man müsse deu Kyrus zum König machen und den Astyages stürzen. Das gelang ihm bei den Meisten; denn Astyages war ein gar zu harter und grausamer Herrscher. Als Harpagus nun in Medien Alles zum Abfall vorbereitet hatte, that er dem Kyrus, der in Persien war, seine Meinung kund, daß es jetzt Zeit sei zur Empörung. Da alle Wege nach Persien bewacht wurden, so ersann er eine List, um unbemerkt seinen Brief an Kyrus gelangen zu lassen. Er steckte ihn in den Bauch eines todten Hasen und ließ diesen durch seinen treusten Diener, den er als Jäger verkleidet, nach Persien tragen. Kyrus schnitt allein und ohne Zeugen den Hasen auf und fand den Brief. Nun sann er nach, wie er am klügsten verführe, um die Perser zur Empörung zu bewegen. Und er that folgendermaßen. Er schrieb beliebige Dinge in einen Brief und ließ dann die Perser zu eiuer Versammlung rufen. In der Versammlung entfaltete er den Brief und las ihn und sagte dann, Astyages habe ihn zum Anführer über die Perser gesetzt. „Und nun, ihr Perser", sprach er, „befehle ich euch, daß jeder sich einfinde mit einer Sichel". Als die Perser sich alle mit der Sichel eingestellt hatten, wies er ihnen eine mit Dornen bewachsene Stelle, die war an 18 bis 20 Stadien lang, und befahl ihnen, die ganze Stelle an einem Tage zu roden und urbar zu machen. Die Per)er gehorchten, und als sie am Abend ihr Werk vollendet, gebot er ihnen, sie sollten sich baden und am andern Tage wieder erscheinen. Da brachte Kyrus alle Ziegeu und Schafe und Rinder seines Vaters zusammen, schlachtete sie und bereitete sie zu, auf daß er das Volk der Perser bewirthe; und er schaffte Wein herbei nndson-stige Speisen, alles aufs herrlichste. Und als nun am andern Tage die Perser erschienen, gebadet und in festlichen Kleidern, da mußten sie sich lagern auf dem Rasen und schmausen. Als sie gegessen nach Lust, fragte sie Kyrus, welches

6. Vorderasien und Griechenland - S. 129

1874 - Leipzig : Teubner
- 129 — Zunächst suchte Solou die Wunden zu heilen, welche die alte Mißregierung dem Volke geschlagen. Durch das harte Schuldgesetz waren viele in große Schulden verfallen, nicht wenige waren sogar in die ©datieret ihrer Gläubiger gekommen oder als Sclaven ins Ausland verkauft worden. Solon verordnete, daß alle Schuldselaven freigegeben werden müßten, und daß diejenigen, welche ins Ausland verkauft worden waren, soviel wie möglich, vom Staate zurückgekauft würden; hinfort aber durfte Niemand mehr auf feinen Leib borgen. Für die Abtragung der andern Schulden fand Solon so milde Mittel, daß der arme Mann sich seiner Schulden entledigen konnte, ohne daß der reiche Gläubiger einen beträchtlichen Schaden erlitt. Hieraus unternahm Solon die Umformung der Verfassung, und dabei ging er von dem Grundsätze aus, daß nicht blos der Adel, sondern sämmtliche Klassen der Bevölkerung zur Theilnahme an der Verwaltung des Staates berechtigt sein sollten, und zwar je nach dem größeren oder geringeren Vermögen. Er theilte zu diesem Zwecke die ganze Bevölkerung nach ihrem Vermögen, d. h. nach ihrem Grundbesitz, in vier Klassen. Die erste Klasse waren die Reichsten, die s. g. Fünshnndertscheffler, sie hatten von ihren Gütern wenigstens 500 Scheffel Getreide oder ein entsprechendes Maß von Del und Wein als reines Einkommen. Die zweite Klasse waren die Ritter, die dritte die Zengiten oder Jochbesitzer, diejenigen Grundbesitzer, welche zur Bebauung ihres Ackers eines Joches Maulthiere bedurften. Die vierte Klasse machten die Aermsten aus, die Theten oder Tagelöhner. Nach diesen Klassen wurden den Bürgern ihre Pflichten gegen den Staat bemessen, Kriegsdienst und Stenern. Die erste Klasse hatte für die kostspielige Kriegsflotte zu sorgen, die zweite diente als Reiterei, die dritte und zahlreichste als schwerbewaffnetes Fußvolk, die vierte war frei von Kriegsdienst und wurde nur in außerordentlichen Fällen zur Vertheidigung des Vaterlandes als Leichtbewaffnete ausgeboten, im Seekrieg dienten sie als Matrosen. Auch von der Steuerzahlung war die vierte Klasse frei. — Der Vertheiluug der St oll, Erzählungen. I. 2. Aufl. 9

7. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 104

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
104 aufgewachsen waren, die Wünsche des geplagten Volkes mit rohen Troh-worten zurückweist. Ein zweites Bild stellte die Begegnung Samuels und Sauls nach dem Siege über die Amalekiter dar. Leider sind diese gewaltigen Schöpsungen, mit denen der Meister die volle Höhe historischer Komposition ersteigt, durch die Feuchtigkeit der Wände zerstört worden, aber die Entwürfe finden sich neben vielen andern Proben Holbeinscher Arbeiten im Museum zu Basel. Es war wenig Erfreuliches, das die Heimat dem Künstler bot. Der geringe Verdienst, der ihn zwang, auch handwerksmäßige Arbeiren zu übernehmen; der religiöse Fanatismus einer rohen Volksmenge, welche in der Fastnacht im Münster und in andern Kirchen alle Heiligenbilder, Schnitzwerke und Gemälde zerstörte; endlich auch der unheilvolle Krieg, der 1531 iu der Schlacht bei Kappel die Hoffnungen der Reformierten vernichtete und Zwinglis Tod verursachte — dies alles reiste den Entschluß in ihm, noch einmal in England zu versuchen, ob er nicht den Unterhalt für sich und seine Familie dort leichter erwerben könne. Seine Hoffnung trog ihn nicht. Zwar war sein alter Gönner, der edle Thomas More gestürzt und durch Thomas Cromwell ersetzt worden, aber auch dieser wandte dem deutschen Meister, der es so ausgezeichnet verstand, die englische Eigenart im Bilde auszuprägen, seine Gunst zu. Außerdem fand Holbein bei den Landsleuten im Stahlhose eine kräftige Stütze und Gelegenheit zu reichem Verdienst. Es waren wiederum hauptsächlich Porträts, die unter seinem Pinsel entstanden. Deutsche Kaufleute und Engländer aus den vornehmsten Kreisen saßen ihm häufig. Einige dieser Bildnisse finden sich im Belvedere in Wien, in der Schönbornschen Sammlung daselbst, in der Galerie zu Berliu und im Museum in B r a u n s ch w e i g. Für den Einzug des Königs Heinrichs Viii. und seiner Gemahlin, der Anna Boleyn, entwarf Holbein im Auftrage der deutschen Kaufleute ein Triumphgerüst, Größeres noch schuf er im Versammlungssaale der Auftraggeber. Dort stellte er in zwei Friesen, mit Tempera auf Leinwand gemalt, den Triumph des Reichtums und der Armut dar. „Auf prächtigem Wagen thront Plntus, der Gott des Reichtums, als langbärtrger kahlköpfiger Greis das Haupt nach vorn geneigt wie von schweren Sorgen niedergedrückt. Seine Füße ruhen auf gefüllten Geldsäcken, und eine Schale mit Münzen steht vor ihm. Weiter vorn sitzt ebenfalls auf Geldsäcken Fortuna (Göttin des Glücks) mit einem flatternden Schleier, der wie ein Segel sich ausspannt. Sie wirft Geld unter die herandrängenden Begleiter

8. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 180

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
180 Trunk- sucht. Feste auf bestimmte Gesellschaften, die dankbar jede Gelegenheit benutzten, wo sie im Essen und Trinken ein Übriges thun konnten, ohne gestraft zu werden. Solche Gelegenheiten boten namentlich die Hochzeiten, bei denen ein so großes Übermaß in Speisen und Getränken zu Tage trat, daß die Obrigkeit dagegen einschreiten mußte. Sie erließ Hochzeitsordnungen, in denen übermäßiger Kleiderprunk verboten und namentlich festgesetzt wurde, wie viele verschiedene Gerichte bei geringen, bei besseren und bei vornehmen Hochzeiten auf die Tafel kommen durften, wann die Trauung stattfinden mußte, wie lange Essen und Tanz dauern sollten; es ward durch Verordnung sogar der Wert der Hochzeitsgeschenke bestimmt. Wie arg die Verschwendung war, zeigt ein Bericht über die Hochzeit, welche ein ehrsamer Bäckermeister seiner Tochter im Jahre 1493 ausrichtete: „Es ward an sechzig Tischen gespeist, an jedem Tische saßen zwölf Personen, Junggesellen, Frauen und Jungfrauen, zusammen also 720 Gäste. Die Hochzeit dauerte acht Tage; es wurde so gegessen, getrunken und getanzt, daß schon am siebenten Tage viele wie tot hinfielen." 1515 hielt der Frankfurter Patricier Arnold von Glauburg eine Hochzeit, die 1162/3 Gulden kostete. Zu ebenderselben Zeit kaufte man ein Malter Korn für einen Gulden, ein Fuder Wein für 9 Gulden; es fand demnach eine großartige Verschwendung statt. Dieselbe wird ferner durch folgende Angaben beleuchtet: Die Gäste verzehrten „6 Ohm Wein, für 5x/2 Gulden Bier, 239 Pfund Rindfleisch, 315 Hähne und Hühner, 30 Gänse, 3100 Krebse, 1420 Weißbrote u. s. w. Ein anderer Frankfurter wurde als Geizhals verhöhnt, weil er zu seiner Hochzeit nur die nächsten Freunde und Verwandten eingeladen hatte". Schlimmer noch als mit den Schmausereien stand es in betreff des Trinkens. Schier unglaublich erscheint es uns, was die alten Berichterstatter über den Eifer erzählen, mit welchem man im Mittelalter den Ruf der Deutschen als der ärgsten Trinker zu rechtfertigen wußte. Schon Karl d. Gr. hatte das unmäßige Trinken einzuschränken gesucht: kein Graf sollte anders als nüchtern zu Gericht sitzen, kein Trunkener durste vor Gericht klagen. Niemand, weder Priester noch Laie, sollte einen Bußethuenden zum Trinken einladen u. s. w. Die Bemühungen des großen Kaisers blieben ohne Erfolg, ja, das Übel der Trunksucht ergriff schließlich alle Stände und Lebensgemeinschaften. Für guten Wein sorgten die Mönche, die das edle Gewächs mit Vorliebe in ihren Weinbergen zogen, sie verstanden sich jedoch anch auf das Bierbrauen.

9. Vom großen Interregnum bis zur Reformation - S. 183

1893 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
183 nehme', berichtet er selbst, ,und über den Saal gehe, gleite ich in meinen neuen Schuhen, falle mitten im Saale auf den Rücken, gieße mir den Wein auf den Hals; das neue rotdamastne Kleid, welches ich anhatte, ging mir ganz zu Schande, aber auch das schöne Schiff zerbrach in viele Stücke. Es geschah aber ohne meine Schuld, denn ich hatte weder gegessen noch getrunken. Als ich später einen Rausch bekam, stand ich fester und fiel hernach kein einziges Mal, auch im Tanze nicht.1 Zum Trinken und Essen fand sich immer Zeit und Gelegenheit: von dem Kindtanfschmause bis zum Leichentrunk zog sich eine Kette mit zahllosen Gliedern durch das Leben, und jedes Glied bedeutete ein fröhlich Gelag1. Auch die Jungsrauen und Gattinnen leisteten im Trinken Außerordentliches. Zum Früh- und Vespertruuk trank ,das Franenzunmer1 das Bier kannenweise, nicht weniger inhaltreich war der Schlaftrunk. Immerhin standen die Fraueu mit ihren ,vier Maß Bier für jeden Tag1 den Männern nach. Ein brandenbnrgischer Oberkämmerer pflegte 18 Maß Wein bei einer Mahlzeit zu sich zu nehmen; der Hochmeister des Deutschritterordens, Winrich von Kniprode, ernannte den Ritter von Bassenheim zum Schloßhauptmann, weil er ein silbernes Becken, das acht Flaschen Wein faßte, dreimal geleert hatte. Ein anderer Ritter, der beim Wettetrinken einen Kurierstiefel voll Wein zweimal austrank, gewann als Preis dafür ein Dorf. Ost waren Regierungsräte des kaiserlichen Hofes schon früh am Morgen so schwer betrunken, daß die wichtigsten Angelegenheiten nicht erledigt werden konnten. Die höchste Höhe des Übermaßes im Trinken aber bezeichnet die Forderung des Reichskammergerichtes in Wetzlar; es verlangte nämlich von seinen Beisitzern, daß sie nicht nur gute Rechtskundige, sondern besonders auch gute Trinker seien, damit sie imstande wären, ,hochpreislichem Collegio vorkommenden Falls Ehre zu machen1. Hand in Hand mit der Völlerei ging die über- und unnatürliche^der-Kleiderpracht. Die Obrigkeiten und die Geistlichen versuchten zwar, durch Verordnungen, die bis ins Kleinste die Kleidertracht regeln sollten, und durch Ermahnungen der unsinnigen Verschwendung Einhalt zu thun, aber alle Bemühungen halfen nur für kurze Zeit. Schon machte sich der Einfluß der französischen Mode geltend, der die lieben Deutschen zu ihrem Schaden nur zu gern blindlings folgten. Die Magistrate erklärten diesem ,Teufelswerk1 sofort den Krieg. Nürnberg erließ schon 1343 eine Kleiderordnung, Frankfurt und Speyer folgten bald nach, dennoch steigerte sich die Kleiderpracht fort und fort. „Im fünfzehnten

10. Das Zeitalter der Reformation, Das Jahrhundert des großen Krieges, Das Zeitalter der unumschränkten Fürstengewalt - S. 85

1900 - Langensalza : Schulbuchh. Greßler
85 massenhafte Hinrichtungen der Aufrührer, sowie die Ausweisung ihrer Hinterbliebenen verödet worden. Dann aber hatten die Bauern während des Krieges planmäßig alle Urkunden über Zinsen und Frondienste vernichtet, und es war ganz natürlich, daß die Gutsherren ihre Anforderungen an die bäuerliche Bevölkerung nach Gutdünken vermehrten. Auf diese Gegenden besonders passen die Schilderungen, die Sebastian Frank und Sebastian Münster entwerfen. „Die Bauern führten ein gar schlecht und niederträchtig Leben. Ihre Häuser sind schlechte Häuser von Lehm und Kot gemacht, aus das Ertrich gesetzt und mit Stroh gedeckt. Ihre Speis ist schwarz Rockenbrod, Haberbrey und gekocht Erbsen und Linsen; Wasser und Molken ist fast ihr Trank u. s. w." So schreibt auch der Schwabe Heinrich Müller im Jahre 1550: „Noch bei Gedenken meines Vaters, der ein Bauersmann war, hat man bei den Bauern viel anders gegessen als jetzt. Da waren jeden Tag Fleisch und Speisen im Überfluß; jetzt ist die Nahrung der besten Bauern fast viel schlechter, als von ehedem die der Tagelöhner und Knechte waß." Es ist natürlich, daß in solchen Gegenden, zumal unter dem Druck der Obrigkeit, ein an Ertragen und Entbehrungen gewöhntes Geschlecht erwuchs, das zufrieden war, wenn es, unbekümmert von Mord und Brand, die ländlichen Produkte in der Stadt verkaufen durfte und sich nur selten an besonderen Festtagen einfachen Vergnügen ergab, einem ländlichen Tanz bei dem zum Luxus gewordenen Becher Weines. Aber es war doch schon etwas, daß man im ganzen im Frieden säen und ernten konnte, daß kein fehdelustiger Ritter über Nacht den Segen der Felder verbrennen, das Dörfchen „auspochen" konnte, wie es im fünfzehnten Jahrhundert noch gäng und gäbe gewesen. Das war die wichtigste Segnung, welche das neue fürstliche Regiment den Unterthanen brachte, und so blühte der Bauernstand in den Gegenden, wo er die Sünden der Väter nicht zu büßen hatte, fröhlich auf. Die Landesherren waren doch zu der Erkenntnis gekommen, daß in der bäuerlichen Bevölkerung die beste Grundlage ihres materiellen Wohlstandes beruhe, und in ihrem eigenen Interesse begünstigten sie alles, was die Ertragsfähigkeit des platten Landes heben konnte. Allerdings wurde manch erblich besessenes Gut zu einem Zeitpachtgut herabgedrückt, weil die Erblichkeit nicht nachgewiesen werden konnte. Dennoch trat auch der umgekehrte Fall ein, und die persönliche Freiheit des Landmannes wurde anerkannt, so sehr man auch das Unterthänigkeitsverhältnis auszubeuten wußte.
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